Gemeinsame Presseinformation der Europaabgeordneten Petra Kammerevert MdEP und des Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus MdB zum Europatag am 09. Mai.

„Mehr als je zuvor ist Europa heute gefragt, mutige und wegweisende Entscheidungen zu treffen, um die größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg zu meistern. Nachdem die Wirtschaft und das Sozialleben nun etliche Wochen in ganz Europa still standen, müssen wir den Blick jetzt nach vorne richten und alles dafür tun, dass die EU stärker und nicht schwächer aus der Krise hervorgeht“, so die SPD-Europaabgeordnete Petra Kammerevert anlässlich des Europatages. „Es ist Zeit, wieder Geschichte zu schreiben, Europa mehr Verantwortung zu übertragen, die Europäische Union sozialer, demokratischer und vor allem handlungsfähiger zu machen.“

Mit dem Europatag wird jedes Jahr am 9. Mai der Rede des damaligen französischen Außenministers Robert Schuman gedacht, die in diesem Jahr 70. Jubiläum feiert. In einer visionären Erklärung legte Schuman nur wenige Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg den Grundstein für das Europäische Projekt.

„Die Corona-Krise hat uns gezeigt, wie leicht es ist, Europa aus den Fugen zu bringen: Exportverbote hier, Grenzschließungen dort und als Krönung des Ganzen noch der ständige Streit über die zukünftige Finanzierung der EU. Erschwerend hinzu kommt, dass Corona für einige Mitgliedstaaten offenbar eine willkommene Gelegenheit war, demokratische Rechte weiter auszuhebeln und Grundrechte mit Füßen zu treten. Hier bauchen wir endlich effektive Mechanismen, die solchem Handeln Einhalt gebieten,“ so Petra Kammerevert. „Wenn wir ernsthaft wollen, dass die EU mehr ist als eine große Freihandelszone, dann brauchen wir ein Europa, das grundlegende Freiheitsrechte, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie schützt und verteidigt, das sozialen Zusammenhalt und Teilhabe sichert und somit den Menschen eine echte Heimat bietet. Die heutige Generation von Politikerinnen und Politikern ist daher gefordert, sich ein Beispiel an Robert Schuman zu nehmen und genauso mutig und visionär die Krisen dieser Zeit zu meistern.“

„Vielerorts wurde während der Corona-Krise bereits ein Abgesang auf die EU skandiert. Die EU sei untätig und würde die nationalen Regierungen nicht ausreichend unterstützen. Das Gegenteil ist der Fall“, stellt Petra Kammerevert klar. „Wir haben ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, mit dem Ziel, staatliche Beihilfen bei Rettungen von krisengeschüttelten Betrieben zu erleichtern, Milliardenhilfen zu Bekämpfung der Krise bereitzustellen, nationale Sozialversicherungssysteme und Kurzarbeitsregeln zu unterstützen und, und, und.“

„Die Bekämpfung der Corona-Krise zeigt sehr deutlich: Um grenzüberschreitende Herausforderungen zu bewältigen sind Alleingänge sinnlos. Stattdessen ist Zusammenarbeit und eine gesamteuropäische Koordination der Schlüssel und Solidarität das Gebot der Stunde“ so Petra Kammerevert.

Der Düsseldorfer SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus macht in seinem Blick auf den Europatag am 9. Mai und die Bedeutung von Europa deutlich:

„Aus bundespolitischer Sicht möchte ich betonen, dass ein starkes und wirtschaftlich erfolgreiches Europa mit finanziell handlungsfähigen Mitgliedsstaaten in unser aller Interesse ist. Dazu sind auch in Deutschland trotz vieler wichtiger Maßnahmen, die auf Initiative der SPD in der Bundesregierung durchgesetzt werden konnten, noch einige grundsätzliche wirtschaftspolitische Hausaufgaben zu erledigen, die insbesondere bei den Konservativen und den Wirtschaftsliberalen ein klares Umdenken erfordern. Im Sinne eines ökonomischen Gleichgewichts in Europa brauchen wir in Deutschland einen strikten Ausstieg aus der Niedriglohnstrategie der letzten rund zwei Jahrzehnte. Tarifbindung und höhere Löhne sind ökonomisch klug, da sie die Kaufkraft von breiten Bevölkerungsschichten erhöhen und zu einer gesamtwirtschaftlichen Nachfragesteigerung führen, die sowohl den Binnenkonsum als auch die Nachfrage nach ausländischen Gütern erhöht und damit zu einer positiven Entwicklung in Deutschland und Europa gleichermaßen beitragen würden.

Fortwährende Handelsbilanzüberschüsse einer einzelnen Volkswirtschaft sind kein Zeichen wirtschaftlicher Stärke, sondern ein Beweis für zu geringe Investitionen und zu geringe Kaufkraft im Inland. Nicht ohne ökonomischen Grund wurde bei der Einführung des Euro ein Inflationsziel für die Eurozone von rund 1,9% jährlich ausgegeben, welches aber nicht stark genug im öffentlichen und politischen Bewusstsein präsent ist und deswegen in den Entscheidungen und Diskussionen der letzten Jahre, insbesondere auch zur Zeit der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise, keine Rolle spielte. Über Jahre hinweg hat Deutschland das Inflationsziel durch Abweichungen nach unten, die Ausdruck von zu geringen Löhnen sind, verfehlt. Dies muss sich ändern.

Ich würde mir wünschen, wenn solche grundsätzlichen Fragen wieder stärker in den Fokus unserer europäischen politischen Debatten genommen werden würden. Dies würde strukturellen wirtschaftlichen Ungleichgewichten in Europa und dem damit verbundenen sozialen und politischen Konflikten erfolgreich entgegenwirken. Wir werden uns außerdem auch weiter mit der Frage beschäftigen müssen, wie wir eine gerechte Unterstützung von solchen Staaten organisieren können, die auf Grund der Corona-Krise vor besonders harten Herausforderungen stehen und deren öffentliche Haushalte aktuell keinen ausreichenden Spielraum für Unterstützungsmaßnahmen und Investitionen für die Bevölkerung und die heimische Wirtschaft haben. Hohe Arbeitslosigkeitsraten, der Abbau von Wohlstand und Investitionsstaus sind nicht im europäischen Interesse. Zudem dürfen die Spekulanten auf den Kapitalmärkten nicht die Profiteure der Krise werden, indem sie einzelnen Staaten extrem hohe Zinsen für die Finanzierung von Investitionen abverlangen. Hier müssen wir im Sinne einer europäischen Verantwortungsgemeinschaft und im Sinne der wirtschaftlichen Vernunft zu konkreten Lösungen kommen, um die wirtschaftliche und demokratische Handlungsfähigkeit in allen europäischen Staaten nachhaltig zu sichern. Das Modell der sogenannten „Recovery Bonds“ auf europäischer Ebene ist diesbezüglich ein sehr interessanter Vorschlag.“