Persönliche Erklärung nach §31 GO BT des Abgeordneten Andreas Rimkus, MdB zu der namentlichen Abstimmung über BE und Bericht des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Allgemeine Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen einführen“ mit der Drucksachennummer 19/14000 am 17.10.2019

Anlässlich des entsprechenden Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN stimmen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages heute über die Einführung einer allgemeinen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Bundesautobahnen ab.

Ich persönlich halte ein solches Tempolimit sachlich für den richtigen Weg. Warum ich mich trotzdem dazu entschieden habe, gegen den Antrag zu stimmen, möchte ich an dieser Stelle erklären.

Im Koalitionsvertrag mit der Union haben wir uns gegenseitig darauf festgelegt, dass wir im Sinne einer bestmöglichen Regierungsarbeit auch im Parlament unser Vorgehen und unsere Positionen abstimmen. Das ist nicht immer einfach, ist grundsätzlich aber eine Notwendigkeit für gute gemeinsame Arbeit. Dieses Prinzip ist übrigens auch kein Alleinstellungsmerkmal der großen Koalition. Auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind auf der Ebene der Bundesländer Teil von Koalitionen, in denen potentiell Uneinigkeit in der Frage eines Tempolimits besteht. Insofern möchte ich an dieser Stelle auch anmerken, dass die politische Taktik der Autoren durchaus etwas seicht und durchschaubar daherkommt.

Auch wenn ich also das Prinzip der Einvernehmlichkeit der Koalitionspartner grundsätzlich respektiere, muss ich dennoch anmerken, dass eine offene und sachliche Diskussion zu einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung nicht im erforderlichen Maße stattgefunden hat. Der nach dem Ressortprinzip zuständige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat die aufkeimende Diskussion in den entsprechenden Fachgremien darüber Anfang dieses Jahres unverzüglich beendet und – für mich unverständlich – an dieser Stelle eine rote Linie eingezogen. Aus diesem Grund ist es mir auch besonders wichtig, mit dieser Erklärung festzuhalten, dass es sich um eine politische Entscheidung handelt, und nicht um eine sachliche.

Im vergangenen Jahr 2018 ereigneten sich auf Bundesautobahnen über zwanzigtausend Unfälle mit Personenschäden, bei denen beinahe vierhundert Personen ums Leben gekommen sind. Diese Unfallzahlen stagnieren seit Jahren. Dabei kommen wissenschaftliche Studien und Analysen regelmäßig zu der Einschätzung, dass eine allgemeine Geschwindigkeitsbegrenzung hier zu einer nennenswerten Verbesserung führen könnte. Auch wenn genaue Prognosen wie immer in solchen 2 Szenarien schwierig sind – Fakt ist, dass überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit bei knapp der Hälfte aller schweren Unfälle auf Autobahnen eine Rolle spielt. Mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung geht es dabei natürlich nicht nur um die Reduzierung der Zahl der Unfalltoten, sondern auch der Schwerverletzten.

Auch mit Blick auf den dieser Tage vieldiskutierten Klimaschutz bietet ein allgemeines Tempolimit ein nennenswertes Potential. Der Kraftstoffverbrauch hängt exponentiell mit der Geschwindigkeit zusammen. Ein durchschnittlicher Pkw verbraucht bei 160 km/h bis zu 35 Prozent Kraftstoff mehr als bei 130 km/h. Die AG1 der Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität kommt zu dem Schluss, dass mit einem Tempolimit 1,2 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden könnten, der ADAC spricht sogar von „bis zu 2 Millionen Tonnen“. Gerade im Verkehrsbereich ist die Frage, wie die Klimaschutzziele erreicht werden sollen, noch nicht voll-ständig beantwortet – gemessen am Gesamtvolumen der angestrebten Minderung von ca. 60 Mio. Tonnen bis 2030 wäre dies ein nenneswerter Beitrag.

Sachlich komme ich also zu der Einschätzung, dass ein allgemeines Tempolimit durchaus ein Schritt in die richtige Richtung wäre. Damit bin ich übrigens auch in meiner Partei nicht alleine: Die SPD hat bereits 2007 einen entsprechenden Beschluss für ein Tempolimit gefasst. Angesichts der Ablehnung seitens unseres Koalitionspartners und des zuständigen Ministers muss ich nun also eine schwierige Abwägung vornehmen.

Um meinerseits auch weiterhin ein verlässlicher Partner in der Koalition zu bleiben, fühle ich mich letztendlich der Einhaltung unserer getroffenen Vereinbarung verpflichtet, weshalb ich mich trotz meiner sachlichen Bewertung dazu entschieden habe, der Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses zuzustimmen, und den Antrag zum Tempolimit somit abzulehnen. Fest steht, dass die Einführung eines allgemeinen Tempolimits auf Bundesautobahnen richtig wäre. Fest steht aber auch, dass ein solches Vorhaben ohne Bewegung des zuständigen Ministers und ohne die Unterstützung unseres Koalitionspartners leider nicht realisierbar ist.

Berlin, den 17. Oktober 2019 – Andreas Rimkus MdB