Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz reduziert das Konfliktpotenzial zwischen Eigentümern und erleichtert ihnen die Modernisierung. Ihre Macht gegenüber Verwaltern wächst.
In Deutschland gibt es rund zehn Millionen Eigentumswohnungen. Mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG), das jetzt im Bundestag verabschiedet wurde, wird die Rechtslage für die Eigentümer und Mieter dieser Wohnungen deutlich verbessert. Das WEMoG erleichtert Investitionen in Modernisierungen, stärkt die Rechte der Eigentümer und vermeidet Rechtsstreit.
Wer selbst in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft lebt, weiß, wieviel Streit in der Nachbarschaft auch über Verwaltungsfragen oder geplante Baumaßnahmen entstehen kann. Nicht selten werden Vorhaben von einzelnen Parteien über Jahre blockiert oder vom Verwalter verschleppt. Dies führt zu Unfrieden in der Gemeinschaft und einem baulichen Standard, der dem durchschnittlicher Mietobjekte stark hinterherhinkt.
Bauliche Anpassungen werden erleichtert
Gerade mit Blick auf die veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (demografischer Wandel, Klimaziele, Digitalisierung) steigt aber der Bedarf nach baulichen Anpassungen. Dabei sind Wohnungseigentümer künftig nicht mehr so stark wie bisher auf das Wohlwollen der anderen Eigentümer angewiesen. Privilegierte Maßnahmen können in Zukunft immer gebaut werden: Nach dem WEMoG können die anderen Wohnungseigentümer den Einbau einer Lademöglichkeit für Elektrofahrzeuge, einen barrierefreien Umbau, Einbruchsschutz und einen Glasfaseranschluss nicht mehr verweigern – sofern der Antragsteller die Kosten selbst trägt. Früher bedurfte es in diesen Fällen häufig der Einstimmigkeit.
Auch alle anderen baulichen Maßnahmen können in Zukunft mit 50 Prozent der abgegebenen Stimmen auf einer Eigentümerversammlung beschlossen werden. Diese starke Vereinfachung der Beschlussfassung wird wiederum auf der Kostentragungsseite ausgeglichen. In Zukunft zahlen also nur diejenigen, die dafür gestimmt haben („Koalition der Sanierungswilligen“).
Auch nach dem WEMoG gibt es allerdings Maßnahmen, an deren Kosten alle Eigentümer beteiligt werden sollten. Es widerspräche dem Gerechtigkeitsempfinden, wenn nur ein Teil der Eigentümer eine Sanierung bezahlen müsste, von der dann alle profitieren. Das Gesetz sieht darum eine Umlegung der Kosten auf alle Eigentümer vor, wenn sich die Kosten innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren (zum Beispiel der Einbau einer neuen Heizungsanlage). Dies ist entsprechend der BGH-Rechtsprechung im Regelfall bei einem Zeitraum von zehn Jahren der Fall.
Der ursprüngliche Gesetzesentwurf enthielt darüber hinaus eine Regelung, nach der alle Eigentümer auch dann zahlen müssen, wenn es sich um eine Veränderung handelt, die „der Anpassung an einen Zustand dient, der bei Anlagen vergleichbarer Art in der Umgebung üblich ist“. Diese Formulierung war den SPD-Abgeordneten zu weitreichend. Sie hatten große Sorge, dass die schwammigen Rechtsbegriffe zu Luxussanierungen in Wohnvierteln mit ohnehin schon hohen Wohnkosten führen könnten, an denen dann auch finanzschwächere Wohnungseigentümer sich hätten beteiligen müssen.
Finanzschwache Eigentümer im Blick
Dies haben die Abgeordneten abgelehnt. Stattdessen sollen (neben den Maßnahmen, die sich amortisieren) nur die Maßnahmen von allen gezahlt werden, die von einer kritischen Masse (zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und der Hälfte aller Miteigentumsanteile) beschlossen wurden, es sei denn, die bauliche Veränderung ist mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden. Hiermit wurde ein ausgewogener Kompromiss geschaffen zwischen finanzschwächeren Eigentümern und Eigentümern, die modernisieren wollen.
Das Gesetz beinhaltet auch Verfahrensänderungen für die Eigentümerversammlung: Sie wird als willensbildendes Organ gestärkt: Die Einberufungsfrist der Versammlung wird von zwei auf drei Wochen verlängert, damit sich Eigentümer besser vorbereiten und eine Teilnahme ermöglichen können. Auch besteht in Zukunft ein Anspruch der Wohnungseigentümer, online an einer Eigentümerversammlung teilnehmen zu können. Darüber hinaus können Eigentümer in Zukunft beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand auch im Umlaufverfahren die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt. Im Gegensatz zum Regierungsentwurf sieht das Gesetz auch weiterhin die Beibehaltung der Beschluss-Sammlung vor.
Der Regierungsentwurf hatte ursprünglich vorgesehen, dass die Verwalter mehr Befugnisse bekommen sollen, um das Objekt effizienter verwalten zu können. Diese Ausweitung ging der SPD-Fraktion zu weit. Der Verwalter ist und bleibt nun lediglich ausführendes Organ der WEG. Hierzu wurden seine Befugnisse präzisiert: Ohne gesonderten Beschluss der Eigentümerversammlung ist er lediglich berechtigt, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die untergeordnete Bedeutung haben und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der WEG führen. Erstmals sieht das Gesetz auch die Möglichkeit für Eigentümer vor, selbst ganz konkrete Rechte und Pflichten der Verwalter zu definieren.
Sachkundenachweis für Verwalter
Auch ist eine einfachere Abberufung des Verwalters möglich. Diese ist nicht mehr länger vom Vorliegen eines wichtigen Grundes abhängig. Sein Vertrag läuft spätestens sechs Monate nach Abberufung aus. Sollte ein Eigentümer einen Schaden durch einen Fehler des Verwalters erleiden, hat er weiterhin einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter. Weil der Hausverwalter für die WEG wichtige Aufgaben erfüllt, ist es besonders wichtig, dass nur kompetente Personen dieses Amt übernehmen können. Deshalb wurde die Einführung eines Sachkundenachweises für Verwalter durchgesetzt. In Zukunft hat jeder Wohnungseigentümer einen Rechtsanspruch auf die Bestellung eines zertifizierten Verwalters. Eine Zertifizierung erhält nur, wer eine entsprechende Prüfung bei der IHK abgelegt hat.
Die SPD-Bundestagsfraktion konnte viele Verbesserungen an dem Gesetz erzielen: So wurde eine ausgewogene Regelung zur Beschlussfassung und Kostentragung gefunden und ein Sachkundenachweis für Verwalter eingeführt, um die Anzahl an „schwarzen Schafen“ auf dem Markt zu reduzieren. Die SPD-Abgeordneten haben die Aufgaben und Pflichten des Verwalters präzisiert und seine Vertretungsbefugnis bei Grundstücks- und Kreditgeschäften beschränkt. Sie haben für Klarstellungen im Gesetz gesorgt, dass Wohnungseigentümer weiterhin ihre Ansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch unmittelbar gegen den Verwalter geltend machen können und den Verwaltungsbeirat als Kontrollorgan gegenüber dem Verwalter ausgestaltet.
Konfliktanfällige Regelungen, wie die Möglichkeit, eine Art Vertragsstrafe durch die WEG beschließen lassen zu können, wurden gestrichen. Zudem hat die Fraktion erfolgreich für die Beibehaltung der übersichtlichen Beschlusssammlung gekämpft. Durch all diese Verbesserungen konnten die Rechte der Eigentümerinnen und Eigentümer massiv gestärkt und das Konfliktpotential innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaften minimiert werden.
„Unsere grundlegende Reform des Wohnungseigentumsgesetz (WEG) wird für weniger Zoff und mehr Klimaschutz in Wohnungseigentümergemeinschaften sorgen. Wir vereinfachen Beschlüsse zu Investitionen, ohne dabei finanzschwache Eigentümer zu überfordern. Weil die Eigentumswohnung oft die günstigste Möglichkeit für den Immobilienerwerb ist, wollen wir Wohneigentum auf Dauer attraktiv erhalten“, sagt Johannes Fechner, Sprecher der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der SPD-Bundestagsfraktion.
Das Gesetz zum Download:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/187/1918791.pdf